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Bereits am 22.11.2011 ist die EU-Richtlinie über Rechte der Verbraucher (Verbraucherrechterichtlinie) verkündet worden; Vorschriften, welche die Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Richtlinie zu erlassen haben, sind ab dem 13.06.2014 anzuwenden. In Deutschland wird dies u. a. mit dem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie gewährleistet, welches der Deutsche Bundestag am 14.06.2013 verabschiedet hat. Nachdem der Bundesrat keine Einwände gegen den Gesetzesbeschluss erhob, wurde das Gesetz wurde am 27.09.2013 im Bundesgesetzblatt verkündet. Die neuen Vorschriften treten demnach am 13.06.2014 in Kraft; eine weitere Übergangsregelung gibt es nicht.

Welches sind nun die Neuerungen, auf die sich insbesondere der Online-Handel einzustellen hat? Wir informieren Sie nachfolgend kurz über die in unseren Augen wichtigsten Änderungen und empfehlen dringend, dass sich Unternehmen bereits jetzt auf die neue Rechtslage einstellen. Bitte beachten Sie, dass die Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben kann und eine individuelle Rechtsberatung nicht zu ersetzen vermag.

[accordion title=“Kein „ewiges Widerrufsrecht“ mehr“]

Die Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen sind grundlegend neu gefasst worden. Demnach erlischt das Widerrufsrecht bei fehlender oder falscher Belehrung richtlinienkonform nunmehr nach zwölf Monaten und vierzehn Tagen. Ein „ewiges Widerrufsrecht“ gibt es nicht mehr.

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[accordion title=“Rücksendekosten: Keine „40-Euro-Klausel“ mehr“]

Der Verbraucher hat nach einem Widerruf die Kosten für die Rücksendung der Ware grundsätzlich zu tragen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Unternehmer den Verbraucher von dieser Pflicht unterrichtet hat. Der Unternehmer kann sich jedoch auch bereit erklären, die Rücksendekosten zu übernehmen. Die leidige „40-Euro-Klausel“ gehört damit jedenfalls der Vergangenheit an.

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[accordion title=“Erstattung der Hinsendekosten „]

Zur Frage der Hinsendekosten im Falle des Widerrufs hatten bereits BGH und EuGH entschieden, dass der Verbraucher nicht durch drohende Kosten davon abgehalten werden soll, sein Widerrufsrecht auszuüben. In Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie findet nun auch diese Kostenfrage ausdrücklich gesetzliche Regelung: Nach § 357 Abs. 2 Satz 1 BGB n. F. muss der Unternehmer dem Verbraucher nicht nur den Preis der Ware selbst, sondern auch etwaige Kosten der Lieferung zurückgewähren. Mit anderen Worten: Es bleibt im Falle des Widerrufs der Unternehmer wie bisher auf den Kosten für die Versendung der Ware zum Kunden sitzen. Diese Erstattungspflicht wird jedoch immerhin gedeckelt auf die Kosten der „Standard“-Lieferung; Hinsendekosten, die durch eine vom Verbraucher gewählte besondere Versandart (Express-Versand) entstehen, sind davon ausgenommen.

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[accordion title=“Zurückbehaltungsrecht durch Unternehmer“]

Erklärt der Verbraucher einen Widerruf bei einem Fernabsatzvertrag, waren nach der bisherigen Regelung die empfangenen Leistungen (z. B. Kaufpreis und Ware) Zug-um-Zug zurückzugewähren (§§ 357 Abs. 1 Satz 1, 348 BGB). Nach den neuen Regelungen kann dagegen der Unternehmer bei einem Verbrauchsgüterkauf die Rückzahlung grundsätzlich verweigern, bis er die Ware zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat (§ 357 Abs. 4 BGB n. F.; dem Verbraucher steht demnach kein Recht zu, den Rückversand zu verweigern, bis er die Rückzahlung erhalten hat).

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[accordion title=“Neue Widerrufsbelehrung und Widerrufsformular“]

Der Wortlaut der Widerrufsbelehrung ändert sich weitgehend: Das Gesetz enthält aber selbst sowohl ein Muster-Widerrufsformular als auch ein Muster für die Widerrufsbelehrung – und erleichtert so Unternehmen wie Verbrauchern die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben (allerdings muss nunmehr innerhalb der Belehrung der konkrete Termin, bis zu dem der Unternehmer die Ware liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, angegeben werden). Der Einsatz des Widerrufsformulars ist rein fakultativ; der Unternehmer kann sowohl selbst frei entscheiden, ob er von dieser Möglichkeit des Online-Formulars Gebrauch macht, gleichwie es dem Verbraucher freisteht, dieses zu nutzen, oder eben per E-Mail, Post oder Fax zu widerrufen. Der Einsatz des Formulars wird in eCommerce-Anwendungen sicher einen Automatisierungsvorteil (Online-Shop/Warenwirtschaft) bieten, da der Widerruf sogleich einem Kunden-Account zugeordnet werden kann. Kommt es aber zur Nutzung des „Online-Widerrufs“, muss der Unternehmer dem Verbraucher unverzüglich den Eingang der Widerrufserklärung auf einem „dauerhaften Datenträger“ bestätigen – d. h. letztlich dem Kunden den Eingang des Online-Widerrufs per E-Mail bestätigen.

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[accordion title=“Vertragsbestätigung – weiterhin in Textform?“]

Zwar ist nach dem Wortlaut des § 312f Abs. 2 BGB n. F. eigentlich keine Bestätigung des Vertrages in Textform mehr erforderlich; die Bestätigung (mit etwa denselben Informationsinhalten wie bisher) soll vielmehr „innerhalb einer angemessenen Frist“ (d. h. inhaltlich wie bisher: „alsbald“) und auf einem „dauerhaften Datenträger“ erfolgen (im Unterschied zur Textform nach § 126b BGB n. F. muss der Datenträger weder „lesbar“ sein noch die Person des Erklärenden erkennen lassen). Gleichwohl muss diese Bestätigung aber aufgrund anderer gesetzlicher Informationspflichten (Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB n. F.) lesbar sein und die Person des Erklärenden erkennen lassen. Damit haben sich inhaltlich die Anforderungen an die Textform der Bestätigung eigentlich nicht geändert; werden nunmehr aber die Fernabsatzinformationen nicht mehr in Textform mitgeteilt (also z.B. per E-Mail oder Fax), hat dies aber neuerdings – und eben anders als bisher – keine Auswirkungen mehr auf den Lauf der Widerrufsfrist. (AGB müssen nach wie vor bei Vertragsschluss abruf- und speicherbar sein; dies kann aber auch z. B. durch das Bereithalten eines PDFs auf der Website erfolgen).

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[accordion title=“Widerrufsrecht für Downloads“]

Eine bemerkenswerte Neuerung ist, dass ab dem 13.06.2014 nunmehr auch für Downloads ein Widerrufsrecht vorgesehen ist: Bisher hatte, wer im Internet z. B. Software (Musik, Apps, E-Books, Videos etc.) kauft und anschließend herunterlädt, gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB nach herrschender Auffassung kein Widerrufsrecht. Nun wird es § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB aber in dieser Form nicht mehr geben (siehe § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB n. F.), womit der Verbraucher den Kauf digitaler Inhalte also allen Ernstes grundsätzlich 14 Tage lang rückgängig machen kann und sodann sein Geld erstattet bekommt.

Dies ist deswegen bemerkenswert, da charakteristischer Weise dadurch dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird; als Korrelat hierzu sah sich der Gesetzgeber daher auch veranlasst, (ähnlich wie bei Dienstleistungen, siehe hierzu noch unten) eigens eine besondere Regelung zu schaffen (§ 356 Abs. 5 BGB n. F.), welche im Falle von Downloads das Widerrufsrecht erlöschen lässt, wenn:

1. der Unternehmer mit des Ausführung des Vertrags begonnen hat,

2. der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und

3. der Verbraucher seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er mit Beginn der Ausführung sein Widerrufsrecht verliert.

Ob diese komplexe Regelung wirklich sinnvoll ist, darf bezweifelt werden; denn mit der Ausführung des Vertrags wird der Unternehmer ohnehin regelmäßig dann bereits beginnen, wenn er den Download, d. h. „in digitaler Form hergestellte und bereitgestellte Daten“, bereitstellt. Jedenfalls sollte der Anbieter wieder etwa vermittels eines „Häkchensetzens“ im Kaufprozess sich die Kenntnisnahme bestätigen lassen, dass der Download bzw. die Lizenz vor Ablauf der Widerrufsfrist bereitgestellt wird und der Verbraucher dadurch sein (freilich nach der überkommenden Rechtslage ohnehin nicht bestehendes) Widerrufsrecht verliert. Da diese Informationen dann auch in der Vertragsbestätigung enthalten sein müssen (§ 312f Abs. 3 BGB n. F.), dürften sich die Probleme um diese neue Regelung gleichwohl häufen.

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[accordion title=“Erlöschen des Widerrufsrechts für Dienstleistungen“]

Zwar muss auch weiterhin der Unternehmer bei Verträgen über Dienstleistungen ein Widerrufsrecht einräumen, welches also grundsätzlich 14 Tage nach Fristbeginn (§ 355 Abs. 2 BGB) erlischt. Bisher erlosch aber dieses Recht bei Dienstleistungsverträgen gemäß § 312d Abs. 3 BGB zuvor auch dann, wenn der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vor Ende der Widerrufsfrist beiderseitig voll erfüllt worden ist (womit der Verbraucher letztlich das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechts verhindern konnte). Nach der neuen Gesetzeslage gemäß § 356 Abs. 4 S. 1 BGB n.F. erlischt das Widerrufsrecht bei Dienstleistungsverträgen künftig nur noch dann vorzeitig, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig vor Ablauf der normalen Widerrufsfrist auf ausdrücklichen Wunsch des Verbraucher erfüllt hat und den Verbraucher zudem vor Ausführung der Dienstleistung darauf hingewiesen hat, dass damit das Widerrufsrecht des Verbrauchers endet (bei Verträgen über Finanzdienstleistungen bleibt es jedoch bei der aktuellen Rechtslage, siehe § 356 Abs. 4 S. 2 BGB n.F.). Allerdings muss der Verbraucher die Kenntnis um diesen Verlust des Widerrufsrechts bei vorzeitiger Erfüllung allein durch den Unternehmer ausdrücklich bestätigen. D. h. eine solche Bestätigung kann nicht bereits wirksam in den AGB des Unternehmers vorgesehen sein: Anbieter von Dienstleistungen im Internet müssen vielmehr, wollen Sie von dieser Regelung profitieren, die ausdrückliche Erklärung durch das Bereitstellen eines „Opt-in“-Feldes einholen und protokollieren (das „Häkchensetzen“ zur ausdrücklichen Beauftragung, vor dem Ende der Widerrufsfrist mit der Vertragsausführung zu beginnen, nebst Bestätigung darüber, dass der Verbraucher über den Verlust des Widerrufsrechtes bei erfüllter Dienstleistung informiert wurde).

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[accordion title=“Wertersatz bei Widerruf von Dienstleistungsverträgen“]

Auch der (oft missverstandene) Wertersatz bei widerrufenen Dienstleistungsverträgen im Fernabsatz erfuhr eine Ergänzung: Denn bislang muss der Verbraucher nach § 312e Abs. 2 BGB nur dann „Wertersatz“ (für die Nutzung) leisten, wenn er vor Abgabe der Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausübung der Dienstleistung begonnen hat (klassisches Anwendungsbeispiel: Der Internetprovider will einen Teil der bereits gezahlten Gebühr trotz Widerruf einbehalten). Nunmehr setzt der Wertersatzanspruch voraus, dass der Verbraucher gar „ausdrücklich verlangt“, dass der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt. Es werden also die Rechte des Verbrauchers noch weiter gestärkt, da an ein aktives Tun des Kunden angeknüpft wird: Auch hier dürften die Dienstleister wiederum mit einer „Opt-in“-Lösung nebst Bestätigung (siehe oben) arbeiten. Die Höhe des Wertersatzes richtet sich anteilsmäßig nach dem vereinbarte Gesamtpreis im Verhältnis zur Dauer der tatsächlichen Nutzung, hilfsweise (wenn bereits der Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch angesetzt wurde), auf den üblichen Marktwert. Bitte beachten Sie: Für Verträge über die Einräumung von Nutzungsrechten digitaler Inhalte (Downloads, siehe oben) – diese sind keine Dienstleistungen – gelten diese Wertersatzregelungen nicht, § 357 Abs. 9 BGB n. F.

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[accordion title=“Kein Widerruf durch bloße Rücksendung“]

Der Verbraucher muss seinen Widerruf ausdrücklich erklären; nach Maßgabe des neuen § 355 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist eine kommentarlose Rücksendung einer im Fernabsatz erworbenen Sache nicht mehr ausreichend.

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[accordion title=“Neue Ausnahmetatbestände“]

Die Ausnahmetatbestände des Widerrufs sind neu gefasst worden: So ist z. B. der Fernunterricht (E-Learning) zukünftig nicht mehr vom Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB ausgenommen; dagegen kann das Widerrufsrecht bei alkoholischen Getränken unter (engen) Voraussetzungen ausgeschlossen sein.

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[accordion title=“Schutz vor versteckten Zusatzkosten“]

Unabhängig von der Vertriebsform (und somit auch für den Online-Handel) wird der Verbraucher besser vor versteckten und unangemessenen Zusatzkosten geschützt: Eine Zahlung, die über das Entgelt für die eigentliche Hauptleistung des Anbieters hinausgeht (so z. B. eine Bearbeitungsgebühr oder ein Entgelt für eine „Stornoversicherung“) muss demnach künftig „ausdrücklich“ getroffen werden und ist im Internet nur dann wirksam, wenn der Anbieter sie nicht durch eine sog. Voreinstellung herbeiführt (will sagen: Kreuz oder „Häkchen“ sind bereits gesetzt und wären vom Verbraucher aktiv zu löschen, wenn er die Vereinbarung ablehnt); eine „opt-out“-Lösung ist demnach unwirksam.

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[accordion title=“Entgelt für bestimmte Zahlungsmittel“]

Der Unternehmer kann vom Verbraucher für die Zahlung mit einem bestimmten Zahlungsmittel (etwa einer Kreditkarte) kein Entgelt verlangen, das über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer entstehen (§ 312a Abs. 4 Nr. 2 BGB n. F.). Widrigenfalls schuldet der Verbraucher dem Unternehmer gar kein Entgelt für die Zahlungsweise. Im Übrigen muss entsprechend der bisherigen Rechtsprechung Verbrauchern alternativ eine „gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit“ angeboten werden (§ 312a Abs. 4 BGB n. F., siehe auch BGH Urt. v. 20.05.2010, Az.: XA ZR 68/09).

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[accordion title=“Kosten für Mehrwertdienstenummern „]

Für den „Support“ des Online-Anbieters ist relevant, dass der Verbraucher bei Inanspruchnahme der Kundendienst-Hotline künftig nur noch für die Telefonverbindung als solche bezahlen muss. Ein darüber hinausgehendes Entgelt für die Information oder Auskunft im Zuge von Vertragsabwicklungen darf nicht mehr verlangt werden. Dies bedeutet, dass der Einsatz von Mehrwertdienstenummern für Kundenhotlines bei „Vertragsangelegenheiten“ nicht mehr zulässig ist.

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[accordion title=“Buttonlösung“]

Die sog. Buttonlösung zum Schutz vor Kostenfallen im Internet gilt inhaltlich unverändert fort.

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