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Mit einem ganzen Maßnahmenpaket gegen „unseriöse Geschäftspraktiken“ hat der Bundestag hat in 2. und 3. Lesung das nämliche Gesetz verabschiedet. Dieses enthält Regeln zum Vorgehen gegen unseriöse Geschäftsmethoden beim Inkasso, gegen überzogene urheberrechtliche Abmahnungen, gegen unlautere Telefonwerbung sowie missbräuchliches Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb. Besehen wir uns diese neuen Regelungen im Einzelnen:

Zu den urheberrechtlichen Abmahnungen

Gebührenpflichtige Schutzrechtsverwarnungen (Abmahnungen) sind ein – natürlich auch von uns – insbesondere im Urheber- und Wettbewerbsrecht gern verwendetes und selbstverständlich legitimes Instrument zur Verhinderung von Rechtsverletzungen sowie (eigentlich) zur Meidung weitaus kostspieligerer gerichtlicher Verfahren. In der Vergangenheit wurde aber diese eigentliche Intention erkennbar zu Gunsten „anwaltlicher Geschäftsmodelle“ verfehlt; im Zuge berüchtigter Massenabmahnungen insbesondere im Bereich des Urheberrechtes wurden die fraglos berechtigten Interessen der Inhaber ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte in rechtspolitisch nicht mehr gewollter Weise „verknüpft“ mit den Gebührenerzielungsinteressen spezieller Kollegen, so dass es gelegentlich zu einem anwaltlich-kommerziellen „Abmahnsystem“ degenerierte. Einhellige Meinung war nun, dass auch die 2008 eingeführte Begrenzung der Gebühren (§ 97a Abs. 2 UrhG) insofern den Zweck nicht erfüllte, sondern eher zur Rechtsunsicherheit der Betroffenen beitrug – was die „Abmahnkanzleien“ geschickt für Ihre Belange zu nutzen wussten, die unter seitenlangem Referenzieren „einschlägiger“ Rechtsprechung dokumentierten, dass nun gerade in dem besagten Verletzungsfall (in der Regel Filesharing) die „Deckelung“ nicht greifen würde – und den Abschluss nach Anspruchsgrund und -höhe zweifelhafter „Vergleichsangebote“ nahelegten.

Dieses System zahlte sich für die lieben Kollegen aus, und ganz neidlos dürfen die statistischen Erhebungen des „Vereins gegen den Abmahnwahn e.V.“ zitiert werden, wonach im Jahr 2011 über 218 000 Abmahnungen mit einem Gesamtforderungsvolumen von über 165 Mio. € versandt worden – bei einer durchschnittlichen Zahlungsquote von knapp 40% und „automatisierter“ Verfahrensabläufe für die Kollegen ein wahres Kerngeschäft.

Was ist nun neu?

Im Urheberrechtsgesetz soll nunmehr „zielgenau“ geregelt werden, dass die Erstattung der Anwaltskosten bei bestimmten Urheberrechtsstreitsachen (eben z. B. Filesharing) mit klar bestimmbaren Tatbestandsmerkmalen auf Gebühren nach einem Gegenstandswert von 1.000 € begrenzt wird. So sind die Gebühren für die erste Abmahnung bei privat handelnden Nutzern stark begrenzt (jetzt 155,30 € nach Regelgebühr). Es kann nur in besonderen Ausnahmefällen von diesem Wert abgewichen werden; dazu bedarf es einer Darlegung, weshalb der Gegenstandswert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig wäre. Die Darlegungs- und Beweislast für diese besonderen Umstände trägt derjenige, der von diesem Wert abweichen möchte, bei höheren Forderungen wäre dies also der Abmahnende. Außerdem werden dankenswerter Weise endlich besondere inhaltliche Anforderungen für Abmahnungen festgelegt, welche die Transparenz erhöhen sollen. Für den Empfänger der Abmahnung soll immer klar und eindeutig erkennbar sein, wessen Rechte er wodurch verletzt haben soll, und vor allem: Wie sich geltend gemachte Zahlungsansprüche zusammensetzen und welche Zahlungen im Einzelnen von ihm verlangt werden. Ebenso wie für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen wird durch Einführung eines Gegenanspruchs die Position des Abgemahnten gegenüber einem unberechtigt oder unwirksam Abmahnenden gestärkt.

Schließlich können Klagen gegen Verbraucher wegen Urheberrechtsverletzungen nicht mehr unbegrenzt am Handlungsort erhoben werden. Damit wurden bereits in der Rechtsprechung vorausgehende Tendenzen, den sog. „fliegenden Gerichtsstand“ einzuschränken (siehe aber unsere Mitteilung vom 26.07.2012) nunmehr gesetzlich fixiert: Gerade bei Klagen wegen Rechtsverletzungen im „ubiquitären“ Internet heißt das, dass sich der Kläger zukünftig nicht mehr das Gericht mit der für ihn günstigsten Rechtsprechung aussuchen kann (ein z. B. in den Filesharing-Verfahren gern praktiziertes Vorgehen, was wohl speziell bei bestimmten Bayerischen Gerichten für ein erhebliches Arbeitsaufkommen gesorgt haben muss). Zukünftig muss der Verbraucher auch wegen einer Urheberrechtsverletzung im Internet an seinem Wohnsitz verklagt werden.

Neue Vorschriften zum Inkasso 


Nach den neuen Regelungen steht Transparenz im Vordergrund: Zum einen ist eindeutig anzugeben, für wen das Inkassounternehmen arbeitet, worauf die geltend gemachte Forderung beruht und wie sich die Inkassokosten berechnen. Durch eine gesetzliche Regelung der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten der Inkassounternehmen sollen Verbraucher davor geschützt werden, überzogene Inkassokosten zu zahlen. Derzeit gibt es keine klare gesetzliche Regelung, bis zu welcher Höhe Inkassokosten geltend gemacht werden können, Rechtsprechung variiert. Künftig sind Inkassokosten nur noch bis zu dem Betrag erstattungsfähig, den ein Rechtsanwalt für eine entsprechende Tätigkeit höchstens verlangen kann. Eine Verordnungsermächtigung ermöglicht überdies, zukünftig zusätzlich Höchstsätze für bestimmte Inkassotätigkeiten (z. B. erste Mahnschreiben oder das sog. Mengeninkasso) festzusetzen.

Des Weiteren unterliegt die Inkassobranche zukünftig einer strengeren Aufsicht: Um den Markt effizienter (und vor allem: schneller) vor unseriösen Unternehmen zu schützen, sollen die Widerrufsmöglichkeiten für die Registrierung erweitert werden. Gleichzeitig optimieren Aufsichtsmaßnahmen unterhalb des Widerrufs der Registrierung, wie etwa die Möglichkeit, den Betrieb vorübergehend ganz oder teilweise zu untersagen, die Handlungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden. Betriebe ohne Registrierung können geschlossen werden. Zu guter letzt stärken neue Bußgeldtatbestände und die Anhebung des Höchstsatzes von 5.000 auf 50.000 € die Sanktionsmöglichkeiten gegen unseriöse Unternehmen im In- und Ausland.

Neue Vorschriften zu Telefonwerbung

In der Vergangenheit war für „automatische Anrufmaschinen“ eine gewisse Gesetzeslücke zu konstatieren, die frequent ausgenutzt wurde und nunmehr mit der Neuregelung geschlossen sein soll: Unzulässige Telefonwerbung kann demnach zukünftig nicht nur mit einer Geldbuße geahndet werden, wenn eine natürliche Person den Anruf tätigt. Die ebenfalls gerne zum Einsatz gebrachte telefonische Abrede über Gewinnspieldienste ist künftig grundsätzlich nur wirksam, wenn sie in Textform (also z.B. per eMail oder Fax) abgeschlossen wird. Zudem wird die Bußgeldobergrenze bei dem bereits bestehenden Bußgeldtatbestand im Fall unerlaubter, ohne den Einsatz einer automatischen Anrufmaschine erfolgender Werbeanrufe deutlich erhöht.

Neue Regelungen zum Unlauteren Wettbewerb 


Neben der Begrenzung von Missständen bei Abmahnungen (siehe oben) soll überprüft werden, ob auch im Wettbewerbsrecht und in weiteren Rechtsgebieten, dem Presse- und Äußerungsrecht, dem Recht des gewerblichen Rechtsschutzes sowie dem Urheberrecht, ein Bedürfnis für eine weitergehende Abschaffung des sog. „fliegenden Gerichtsstands“ besteht.

Quelle: BMJ PM v. 28.6.2013