Bereits im Zuge eines vom BGH angestrengten Vorabentscheidungsersuchens (Beschluss vom 16. Mai 2013 – I ZR 46/12, GRUR 2013, 818 = WRP 2013, 1047 – „Die Realität I“) im Hinblick die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10) hatte der EuGH in seiner vielbeachteten Entscheidung am 21.10.2014 (Beschluss vom 21. Oktober 2014 – C-348/13, GRUR 2014, 1196 = WRP 2014, 1441 – „BestWater“) festgestellt, dass die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der sog. Framing-Technik allein keine öffentliche Wiedergabe darstellt, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet. In diesem Fall ist nicht von einer Urheberrechtsverletzung auszugehen (siehe unseren diesbezüglichen Beitrag; siehe zu diesem Thema auch unseren Beitrag zur Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 16.06.2015).
Der BGH hatte nunmehr vor dem Hintergrund dieser EuGH-Entscheidung über den besagten Fall zu entscheiden, der Anlass des Vorabentscheidungsersuchens war: Dabei sei den Ausführungen des EuGH in der vorzitierten Entscheidung nach Ansicht des BGH allerdings zu entnehmen, dass gleichwohl in solchen Fällen eine öffentliche Wiedergabe erfolgt, in denen im Hinblick auf die Veröffentlichung des eingebundenen Werks keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorläge.
In dem zur Entscheidung anstehenden Fall hatte nun die Klägerin zu Werbezwecken einen rund zwei Minuten langen Videofilm mit dem Titel „Die Realität“ herstellen lassen (der sich mit der Wasserverschmutzung befasst). Sie war demnach Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesem Film. Der Werbefilm war dann auf der Videoplattform „YouTube“ abrufbar – nach dem Vorbringen der Klägerin ohne deren Zustimmung.
Demnach wären nun also trotz des (grundsätzlich zulässigen) Framings die Urheberrechte der Klägerin verletzt, wenn diese tatsächlich ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei „YouTube“ eingestellt war. Eben dazu hatte aber das Berufungsgericht (OLG München – Urteil vom 16. Februar 2012 – 6 U 1092/11, ZUM-RD 2013, 398) keine Feststellungen getroffen. Der BGH hat deshalb mit einer Entscheidung vom gestigen Tage (Urteil vom 9. Juli 2015 – I ZR 46/12 – „Die Realität II“) das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Quelle: BGH PM Nr. 114/2015