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Bislang konnten internationale Konzerne durch die gezielte Wahl des effektiven Verwaltungssitzes erhebliche Marktvorteile allein schon dadurch erzielen, dass man die „Zelte“ eben in EU-Ländern mit niedrigen Umsatzbesteuerung aufschlug.

Ziel einer europarechtlichen Neuregelung war, insofern für mehr Wettbewerbsgleichheit zu sorgen und einheitliche Rahmenbedingungen in den europäischen Ländern zu schaffen. Vor dem Hintergrund ubiquitärer Online-Angebote im Internet sollte dabei auch eine gerechtere Besteuerung im E-Commerce realisiert werden. Dabei wird der Umsatz aus den Geschäften mit privaten Endkunden (B2C) in dem Land versteuert, wo er angefallen ist, d.h. wo der Kunde wohnt – und nicht mehr dort, wo das Unternehmen seinen Sitz hat.

Unternehmen, die nun Dienstleistungen grenzüberschreitend auf elektronischem Wege für Verbraucher (Endkunden, B2C) in EU-Ländern erbringen, haben daher ab 01.01.2015 neue Umsatzsteuerregelungen nach Maßgabe der EU-Richtlinie 2008/8/EG zu beachten. Händler und Dienstleister müssen beim Verkauf ihrer Produkte oder Leistungen die Umsatzsteuer in dem EU-Land abführen, aus dem der Käufer stammt.

Elektronische Dienstleistungen in diesem Sinne sind Leistungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre (Artikel 7 Absatz 1 MwStVO). Gemeint sind damit daher z. B.

  • Überlassung digitaler Produkte allgemein, z.B. Software und zugehörige Änderungen oder Upgrades;
  • Dienste, die in elektronischen Netzen eine Präsenz zu geschäftlichen oder persönlichen Zwecken, z.B. eine Website oder eine Webpage, vermitteln oder unterstützen;
  • von einem Computer automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz auf der Grundlage spezifischer Dateninputs des Dienstleistungsempfängers;
  • Einräumung des Rechts, gegen Entgelt eine Leistung auf einer Website, die als Online-Marktplatz fungiert, zum Kauf anzubieten, wobei die potenziellen Käufer ihr Gebot im Wege eines automatisierten Verfahrens abgeben und die Beteiligten durch eine automatische, computergenerierte E-Mail über das Zustandekommen eines Verkaufs unterrichtet werden;
  • Internet-Service-Pakete, in denen die Telekommunikations-Komponente ein ergänzender oder untergeordneter Bestandteil ist (d.h. Pakete, die mehr ermöglichen als nur die Gewährung des Zugangs zum Internet und die weitere Elemente wie etwa Nachrichten, Wetterbericht, Reiseinformationen, Spielforen, Webhosting, Zugang zu Chatlines usw. umfassen);

Bitte beachten Sie: Der „klassische“ eCommerce, d. h. der bloße Online-Vertragsschluss zum Versand auch von digitalen Gütern auf aber festen Speichermedien (CD, Sticks oder DVD) oder  für „analoge“ Dienstleistungen, fällt nicht unter diese Neuregelung. Nutzt aber ein privater Endkunde aus z. B. Spanien das Download-Angebot eines deutschen Softwareanbieters, dann muss der deutsche Softwareanbieter zukünftig die anfallende Umsatzsteuer in Spanien abführen. Nicht darunter fallen insbesondere auch nicht Telekommunikationsdienstleistungen oder Beratungsleistungen durch Rechtsanwälte, Steuerberater usw. per E-Mail (Artikel 7 Absatz 3 MwStVO).

In der Folge besteht ein erheblicher Anpassungsbedarf bei den Betreibern von Onlineshops, deren Angebot und Zielgruppe unter diese Neuregelung fällt. Denn die bestehenden Zahlungssysteme des jeweiligen Shopsystems ist an die in den EU-Ländern unterschiedlichen Steuersätze anzupassen. Dabei müssen diese sowohl online angezeigt als auch berechnet werden, d. h. gewerblichen Endkunden gegenüber (wie gesagt: nur B2C) muss im Shop ein Bruttopreis angezeigt inklusive der jeweiligen länderspezifischen Mehrwertsteuer angezeigt werden – was unmittelbare Auswirkungen auf die jeweilige Preiskalkulation hat. Denn bei Verwendung von einheitlichen Bruttopreisen variiert natürlich bei unterschiedlichen Steuersätzen auch der zu erzielende Ertrag.

Als gangbare Lösungswege werden zwei Verfahren angeboten:

  • Zum einen ein vereinfachtes Verfahren als “Mini-One-Stop-Shop“ (MOSS) oder “Kleine Einheitliche Anlaufstelle“ (KEA), wonach gleichwohl eine einheitliche Umsatzsteuermeldung im Land des Anbieters erfolgt. Es erspart dies also die umsatzsteuerliche Registrierung bei den einzelnen EU-Ländern, was gerade für rein national tätige, kleine Unternehmen natürlich interessant sein dürfte. Die Teilnahme an diesem Verfahren ist in Deutschland über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu beantragen.
  • Zum anderen die Registrierung des betroffenen Anbieters bei der jeweiligen Finanzbehörde in jedem EU-Land der Kunden. Bei diesem Verfahren werden die länderspezifischen Umsätze und die damit verbundene Umsatzsteuer in dem jeweiligen EU-Land deklariert und direkt abgeführt, in welchem der jeweilige Umsatz erfolgt. Dies bedeutet einigen Aufwand, denn neben den unterschiedlichen Regelungen zur Registrierung sind auch unterschiedliche Regeln und Fristen zur Deklaration und Abführung der Umsatzsteuer zu beachten – und die jeweiligen Sanktionen bei Verletzung der nationalen gesetzlichen Vorgaben.