Nach einer interessanten neueren Entscheidung des Landgerichts Siegen (Urt. v. 09.07.13, 2 O 36/13 – „Kreuzfahrtangebote“) ist ein Diensteanbieter mit Sitz in einem Nicht-EU-Staat nicht verpflichtet, auf seiner Website eine sog. Anbieterkennzeichnung nach § 5 TMG vorzuhalten, auch wenn sich sein Angebot an deutsche Nutzer richtet. Da der Vertragsschluss eines Verbrauchers mit dem Diensteanbieter dem Recht des Drittstaats unterfällt, gilt auch für die Informationspflichten nichts anderes.
Im zu entscheidenden Fall hatte ein in Deutschland ansässiger Veranstalter von Kreuzfahrten (unter anderem in Ägypten) einen Wettbewerber auf Unterlassung und Schadensersatz wegen angeblich behaupteter Verstöße gegen Verbraucherinformationsvorschriften auf dessen Webseite in Anspruch genommen, da dort Pflichtangaben nach § 5 TMG, d. h. insbesondere Angaben zu Adresse, Rechtsform und etwaige Register- und Umsatz-steueridentifikationsnummern nicht gemacht wurden. Das Landgericht verneinte einen entsprechenden Unterlassungsanspruch analog § 1004 BGB, da ausländische Diensteanbieter aufgrund des in den §§ 2a, 3 TMG manifestierten Herkunftslandsprinzips nicht verpflichtet seien, die Anforderungen des § 5 TMG einzuhalten.
Das Landgericht führte hierzu im Einzelnen aus:
Der in der Überschrift von § 3 TMG gebrauchte Begriff des Herkunftslandes meine die Maßgeblichkeit des Rechts des Niederlassungsortes des Diensteanbieters (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 19). Wirkt sich eine wirtschaftliche Aktivität auf das Gebiet mehrerer Staaten aus, so bestünde die Gefahr, dass sie dort jeweils unterschiedlich beurteilt und damit der Wirtschaftsverkehr durch Anforderungen verschiedenster Art behindert wird (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 19). Das gemeinschaftsrechtliche Herkunftslandprinzip erlaubt dagegen eine einheitliche Beurteilung (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 19). Danach soll jeder Mitgliedstaat dafür sorgen, dass die von seinem Gebiet ausgehende Aktivität den gemeinschaftsrechtlichen Regeln entspricht; er übernimmt also die Aufsicht (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 19). Aus anderen Mitgliedstaaten stammende Aktivitäten dürfen nicht aus Gründen behindert werden, die in den durch Gemeinschaftsrecht, insbesondere durch eine Richtlinie koordinierten Bereich fallen (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 19). Daher ist für inländische Aktivitäten ein einheitlicher Mindeststandard einzuhalten, in ausländische Aktivitäten darf grundsätzlich nicht eingegriffen werden (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 19).
Das Herkunftslandsprinzip erstreckt sich hierbei auch auf das Internationale Wettbewerbsrecht (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 54). Es modifiziert daher das Marktortprinzip mit der Folge, dass es für die Rechtmäßigkeit einer Werbung genügt, wenn diese den Vorschriften des ausländischen Niederlassungsortes entspricht (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 54). Das Herkunftslandprinzip bewirkt mithin, dass keine weiteren Beschränkungen auf das Wettbewerbsrecht anderer Mitgliedstaaten gestützt werden können (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 54). Das in § 3 TMG manifestierte Herkunftslandprinzip gilt zwar nicht für Anbieter aus Drittstaaten (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 71). Dies führt aber nicht automatisch zur Anwendbarkeit des TMG. Das anwendbare Recht richtet sich in diesem Fall vielmehr nach den Regeln des internationalen Privatrechts (MünchKomm.BGB/Martiny, 5. Aufl., § 3 TMG Rz. 71). Insoweit ist entscheidend, dass das Vertragsstatut im Falle des Vertragsschlusses eines deutschen Verbrauchers mit einem Diensteanbieter, der seinen Sitz in Ägypten hat und Ausflüge für Touristen von Kreuzfahrten in Ägypten über das Internet anbietet, gern. Art. 29 Abs. 4 EGBGB i. V. m. § 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 4 lit. a) i. V. m. Art. 4 Abs. 1 lit. a) Rom-I-VO ägyptischem Recht unterfällt. Denn nach Art. 29 Abs. 4 EGBGB bzw. Art. 6 Abs. 4 lit. a) Rom-I-VO sind die Art. 29 Abs. 1 bis 3 bzw. Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Rom-I-VO auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen nicht anwendbar, wenn die dem Verbraucher geschuldeten Dienstleistungen ausschließlich in einem anderen als dem Staat erbracht werden müssen, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Dienstleistung der Organisation und Durchführung des Ausfluges wird ausschließlich im Reiseland erbracht und stellt auch keine Reise i. S. d. § 29 Abs. 4 S. 2 EGBGB dar. Unterfällt mithin der gewünschte Vertragsabschluss des deutschen Verbrauchers ägyptischem Recht, gilt bezüglich der insoweit geforderten Verbraucherinformationsvorschriften nichts anderes. Ein Rückgriff auf Art. 6 Rom-II VO mag zur Anwendung des UWG führen, bedingt aufgrund der vorgenannten Erwägungen zum Herkunftslandprinzip aber nicht die Anwendung des TMG. Schließlich ist zu beachten, dass die in § 5 Nr. 1 TMG geforderten Informationen auf deutsche Dienstanbieter zugeschnitten sind und es — wie vom Beklagten eingewandt — in Ägypten entsprechende Informationen unter Umständen gar nicht gibt.