In einer interessanten neuen Entscheidung des Landgerichts Ravensburg (Urt. v. 25.08.2015, Az. 8 O 34/15) bestätigte dieses eine von einem „Verband zur Förderung gewerblicher Interessen“ gegen eine oberschwäbischen Brauerei angestrengte einstweilige Verfügung dahingehend, dass es der Brauerei untersagt sein soll, ihr Bier mit dem Wort „bekömmlich“ zu bewerben.
Die Kammer begründete diese nicht nur für Liebhaber süddeutschen Gerstensaftes schwer nachvollziehbare Entscheidung damit, dass eine solche Werbeaussage ein Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (sog. „Health-Claims-Verordnung“) darstelle: Diese verbietet gesundheitsbezogene Angaben zu Bier mit einem Alkoholgehalt von über 1,2 Vol.%.
Streit herrscht freilich über die Frage, ob nun der Begriff „bekömmlich“ bereits das insoweit erforderliche Kriterium des Gesundheitsbezugs erfüllt.
Nach Auffassung der erkennenden Kammer sei der Wortlaut der EG-Verordnung aber bewusst weit gefasst, so dass es bereits ausreiche, wenn ein Zusammenhang des Lebensmittels mit der Gesundheit „suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht“ werde. Da aber das Wort „bekömmlich“ in seiner Hauptbedeutung die Verträglichkeit für den Körper und seine Funktionen zum Ausdruck bringe, weise dieser Begriff in Alleinstellung objektiv einen Gesundheitsbezug auf.
Anmerkung:
Das Landgericht Ravensburg kann sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) berufen: Der urteilte bereits im Jahr 2012, dass eine Vermarktung von Wein mit der Bezeichnung „bekömmlich“ unzulässig ist (Urt. V. 06.09.2012, Az. C-544/10 – Deutsches Weintor eG gegen das Land Rheinland-Pfalz).
Es bestehen hier gleichwohl gewisse Zweifel, ob das Urteil einer rechtlichen Kontrolle auch im Hinblick auf Bier standhalten wird. Nach der zitierten Health-Claims-Verordnung dürfen Getränke zwar mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen – aber nährwertbezogene Angaben sind gleichwohl zulässig, die sich auf einen geringen Alkoholgehalt beziehen. Der Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe ist dann aber schon aus Sicht des mündigen Verbrauchers kontextbezogen zu bestimmen, und der schon fast sprichwörtliche „Nährwert“ von Bier trifft gegenüber gekelterten Produkten auf einen ggf. anderen Rezeptions- und Interpretationshintergrund im angesprochenen Verkehrskreis.
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig und alle „bierseligen“ Fürsprecher des flüssigen Himmelsbrotes dürfen also noch auf die Hilfe des Oberlandesgerichts in Stuttgart hoffen – dort ist allerdings derzeit Weinfest.
Quelle: PM LG Ravensburg vom 25.08.2015