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Obgleich sich die „Copy-Paste“-Fälle weiter häufen, wird zwischen Obergerichten in Deutschland leider immer noch die Frage unterschiedlich behandelt, ob bzw. wie der Gedanke einer wirksamen Abschreckung zur Verhinderung von gleichgerichteten Urheberrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Produktfotografien und Kartenausschnitten streitwerterhöhend zu berücksichtigen ist. Während zum Beispiel das OLG Hamburg derlei generalpräventive Gesichtspunkte durchaus geltend lässt, lehnt dies das OLG Frankfurt ausdrücklich ab.

Das OLG Brandenburg schloss sich nun in einer jüngeren Entscheidung (nach einer Streitwertbeschwerde im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, Beschluss v. 22.08.2013 – Az.: 6 W 31/13, Vorinstanz LG Potsdam) einerseits der letzteren Auffassung an, und hielt aber andererseits eine bloße Verdopplung des (im Wege der Lizenzanalogie anzusetzenden, d. h. zzgl. 100% fiktiver Lizenzgebühr zu taxierenden) Lizenzschadens des ausschließlich Berechtigten wiederum für nicht ausreichend: Denn dies würde häufig zu Streitwerten führen, die im „Bagatellbereich“ lägen und somit dem personenbezogenen Schutz des Urheberrechtes nicht gerecht würden.

Das OLG Brandenburg erkennt daher gleichwohl das Bedürfnis der Bestimmung konkreter Grundsätze zur angemessenen Wertbemessung und bringt dabei als Neuheit den Multiplikator zehn im Hinblick auf den vom Rechteinhaber angegebenen Lizenzsatz zur Anwendung (im entschiedenen Fall waren dies 45,- € für jeweils eines von zwei Bilder, d. h. insgesamt 900,- €, im Verfügungsverfahren unter Berücksichtigung eines 1/3 Abschlages zur Wertbemessung der Hauptsache also 600,- €) – offenbar ohne die Berücksichtigung eines wie auch immer gearteten Angriffsfaktors im Übrigen.

Zur Erläuterung:

Das wirtschaftliche Interesse eines Antragstellers oder Klägers an der begehrten Unterlassung bemisst sich in Urheberrechtsstreitigkeiten einerseits nach dem Wert des verletzten Urheberrechts für den Antragsteller und dem sog. Angriffsfaktor andererseits; dieser Angriffsfaktor wird dabei in erster Linie durch den Umfang und das Ausmaß der Verletzungshandlung sowie den Grad eines etwaigen Verschuldens auf der Verletzerseite bestimmt, vgl. z. B. OLG Nürnberg, Beschluss vom 04.02.2013 – 3 W 81/13, welches wie das OLG Hamm (Beschluss vom 13.09.2012 – I-22 W 58/12), in der Regel eben von dem doppelten Lizenzsatz für die berechtigte Bildnutzung ausgeht. Derlei bietet gleichwohl gewisse Unwägbarkeiten bei der Evaluierung prozessualer Risiken für die am Streit beteiligten Parteien.

Der nunmehrige Versuch des OLG Brandenburg, konkrete Grundsätze zur Wertbemessung zu bilden, ist daher anerkennenswert. Da es aber versäumt wird zu erläutern, wie der erkennende Senat nun gerade auf den Faktor zehn kommt, bleibt dieser Versuch unbehelflich. Denn gleichwie der doppelte Ansatz des Lizenzschadens im Einzelfall zu einem unangemessenen „Bagatellwert“ führen mag, sind Umstände vorstellbar, welche wiederum den Faktor zehn als unangemessen hoch erscheinen lassen. Wenn aber für den Einzelfall differenziert werden soll, so müssen eben nun mal systematisch belastbare Berechnungsgrundsätze gefunden werden, die abseits von „Faktoren“ eine interessengerechte Wertbemessung im jeweiligen Einzelfall gewährleisten können.

Einstweilen dürfte sich daher an der unterschiedlichen Spruchpraxis in den OLG-Bezirken in Deutschland nichts ändern.