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In einer bemerkenswerten neueren Entscheidung (Urt. v. 18.06.2014 – I ZR 242/12) hat der BGH die Haftungsvoraussetzungen des Geschäftsführers bei Wettbewerbsverstößen der von ihm vertretenen Gesellschaft neu definiert und deutlich gemacht, dass ein Geschäftsführer nicht schon dann persönlich haftet, wenn er von Wettbewerbsverstößen der Gesellschaft lediglich Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern.

Zum Hintergrund:

Der Geschäftsführer haftet grundsätzlich für einen Wettbewerbsverstoß der von ihm vertretenen Gesellschaft, wenn er die Rechtsverletzung selbst begangen oder in Auftrag gegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1963 Ib ZR 15/62, GRUR 1964, 88, 89 Verona-Gerät; Urteil vom 23. Mai 1985 I ZR 18/83, GRUR 1985, 1063, 1064 = WRP 1985, 694 Landesinnungsmeister).

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH haftete der Geschäftsführer darüber hinaus allerdings auch dann für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. September 1985 I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 251 Sporthosen; Urteil vom 9. Juni 2005 I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061, 1064 = WRP 2005, 1501 Telefonische Gewinnauskunft). Eben diese Rechtsprechung, in der nicht daran angeknüpft wird, dass der gesetzliche Vertreter der juristischen Person das wettbewerbswidrige Verhalten selbst veranlasst hat, findet nun ihre ursprüngliche systematische Grundlage in der Störerhaftung (vgl. BGH, GRUR 1986, 248, 251 Sporthosen; BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 14 f. und 18 = WRP 2009, 1139 Cybersky).

Nach Aufgabe der Störerhaftung im Lauterkeitsrecht kann nach Auffassung des 1. Zivilsenats aber auch an dieser bisherigen Rechtsprechung jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden: Denn danach kann als Störer nach der Rechtsprechung des Senats bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 15. August 2013 I ZR 80/12, GRUR 2013, 1030 Rn. 30 = WRP 2013, 1348 File-Hosting-Dienst, mwN). Für Fälle des sogenannten Verhaltensunrechts, um die es bei Wettbewerbsverstößen geht und in denen keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht, kann die Passivlegitimation nach der neueren Senatsrechtsprechung dagegen aber allein nach den (deliktsrechtlichen) Kategorien der Täterschaft und Teilnahme begründet werden (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 48 = WRP 2011, 223 Kinderhochstühle im Internet I; Urteil vom 12. Juli 2012 I ZR 54/11, GRUR 2013, 301 Rn. 49 = WRP 2013, 491 Solarinitiative).

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht danach nach Auffassung des Senats nur dann, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen als solche aber keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern. Nur dann, wenn er in seiner Verantwortung als Geschäftsführer ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat, haftet dieser auch ohne persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht.

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 10.02.2012 – 15 O 547/09 –
KG Berlin, Entscheidung vom 13.11.2012 – 5 U 30/12 –

Quelle: BGH Online