In einer beachtenswerten Entscheidung des BGH (Urt. v. 05.12.2012 – Az.: I ZR 146/11) in einem schon seit einigen Jahren andauernden Rechtsstreit hat sich der 1. Zivilsenat Ende des vergangenen Jahres zu grundsätzlichen Fragen des Vorliegens einer sog. selbstständigen Garantieerklärung (siehe § 477 Abs. 1 BGB) beim Onlinekauf auseinandergesetzt: Demnach ist als eine selbständige Garantie die auf den Abschluss eines Garantievertrags gerichtete Willenserklärung des Unternehmers anzusehen. Bei einer unselbständigen Garantie ist dagegen die auf die Modifikation der gesetzlichen Rechtsbehelfe des Verbrauchers gerichtete Willenserklärung des Unternehmers als entsprechende Erklärung anzusehen.
Der Sachverhalt:
Die Klägerin steht beim Vertrieb von Fotoartikeln über die Internet-Plattform eBay mit der Beklagten in Wettbewerb. Sie nimmt diese wegen eines Kaufangebots, das die Beklagte unter Hinweis auf eine dabei nur hinsichtlich ihrer Laufzeit beschriebene Herstellergarantie gemacht hat, auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte ihr zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist. Die Beklagte bot am 16.11.2008 bei eBay eine neue Digitalkamera des Herstellers Nikon Modell Coolpix S210 samt Zubehör zum Preis von 133,50 € zum Kauf an. Die Beschreibung der Kamera enthielt u.a. den Hinweis „24 Monate Herstellergarantie“. Weitere Angaben zu dieser Garantie waren in dem Angebot nicht enthalten. Nach Ansicht der Klägerin hat die Beklagte damit ihre Informationspflichten aus § 477 Abs. 1 S. 2 BGB verletzt und zugleich wettbewerbswidrig gehandelt.
LG und OLG gaben der Klage ganz überwiegend statt. Die Revision der Beklagten blieb vor dem BGH ohne Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte dadurch, dass sie in ihrem Kaufangebot keine Angaben zum Inhalt der dabei zugleich angebotenen Herstellergarantie gemacht hat, gegen § 477 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen hat. Mit Recht hat es auch angenommen, dass die Beklagte damit zugleich wettbewerbswidrig gehandelt hat und die von der Klägerin deswegen geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche begründet sind.
Unter den Begriff der Garantieerklärung fallen nur Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen. Hiervon abzugrenzen ist dagegen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Bestellung auffordert und in diesem Zusammenhang – noch rechtlich unverbindlich – eine Garantie ankündigt.
Danach sind die Fälle, in denen ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher eine Garantieerklärung in diesem Sinn abgibt und diese Erklärung daher den in § 477 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB bestimmten Erfordernissen entsprechen muss, von einer Werbung danach abzugrenzen, ob der Unternehmer – wie im Zweifel bei durch das Internet übermittelten Aufforderungen zur Bestellung – nur eine invitatio ad offerendum gemacht oder aber bereits ein rechtsverbindliches Angebot i.S.d. § 145 BGB abgegeben hat und der Verbraucher damit zu entscheiden hat, ob er dieses annehmen soll. Als Garantieerklärung, die den in § 477 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB bestimmten Erfordernissen entsprechen muss, ist deshalb im Falle einer selbständigen Garantie die auf den Abschluss eines Garantievertrags gerichtete Willenserklärung des Unternehmers und bei einer unselbständigen Garantie dessen auf die Modifikation der gesetzlichen Rechtsbehelfe des Verbrauchers gerichtete Willenserklärung anzusehen. Dagegen ist in diesem Zusammenhang eine Unterscheidung zwischen selbständiger und unselbständiger Garantie nicht angebracht; insbes. ist unerheblich, ob der Unternehmer auch der Verkäufer ist.
Nach den vom OLG getroffenen Feststellungen bezog sich das von der Beklagten gemachte Angebot aus der insoweit maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verbraucher nicht allein auf den Abschluss eines Kaufvertrags, sondern auch auf den Abschluss eines Garantievertrags mit dem Hersteller. Die weiteren Voraussetzungen für die wettbewerbsrechtliche Haftung der Beklagten sind wie die Revision selbst nicht in Zweifel zieht ebenfalls erfüllt.
Quelle: BGH online