Nach einem Beschluss des OLG Celle vom 23.04.2013 (Az.: 13 W 32/13) ist in Verfahren, in denen es um die Unterlassung von Wettbewerbsverstößen geht, für die Schätzung des Streitwertes das Interesse maßgeblich, das der Kläger an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat. Und dabei kommen nach Auffassung des Senats Angaben zum Streitwert durch die Parteien, wenn sie nicht offensichtlich unzutreffend sind, schon erhebliches Gewicht zu.
Zum Sachverhalt:
Zunächst hatte der Antragsteller hatte im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung einer Werbung (für Teeblumen mit Lilie) unter Berufung auf die Novel-Food-Verordnung begehrt. Das Landgericht hat antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen und aber den Streitwert auf vergleichsweise geringe 2.000 € festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers änderte das OLG Celle den Beschluss und setzte den Streitwert auf 10.000 € fest.
Die Gründe:
Grundsätzlich ist der Streitwert gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO nach freiem Ermessen im Wege der Schätzung zu bestimmen. Soweit es um die Unterlassung von Wettbewerbsverstößen geht, ist für diese Schätzung grundsätzlich das Interesse maßgeblich, das der Kläger an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat. Die heranzuziehenden Kriterien zur Bestimmung dieses Interesses sind immer anhand der Umstände des Einzelfalles zu gewichten, darunter vor allem die Art des Verstoßes, d. h. insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber im Hinblick auf den ihm drohenden Schaden (z.B. Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden), die Unternehmensverhältnisse beim Verletzer und Verletzten (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche Entwicklung), die Intensität des Wettbewerbs zwischen beiden Parteien in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht, wobei auch die Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, indiziert durch die bereits begangene Verletzungshandlung, die Intensität der Wiederholungsgefahr, Verschuldensgrad, späteres Verhalten) zu berücksichtigen sind.
Im vorliegend entschiedenen Fall hatte der Antragsteller in seiner Antragsschrift selbst einen Streitwert von 10.000 € angegeben. An diesen „vorläufigen Streitwert“ ist zwar das erkennende Gericht nicht gebunden; allerdings hat das OLG Celle – zu Recht – festgestellt, dass derartigen Parteiangaben, wenn sie jedenfalls nicht offensichtlich unzutreffend sind, doch ein „erhebliches Gewicht“ zukommt; dies insbesondere dann, wenn sie im erstinstanzlichen Verfahren und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch durchaus offen ist, abgegeben werden.
Bemerkenswert ist dabei die Feststellung des Senats, dass bei einem Wettbewerbsverfahren, das „durchschnittlich gelagert“ ist, regelmäßig auch davon auszugehen wäre, dass dann, wenn zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien nicht ausdrücklich etwas vorgetragen wird, diese ebenfalls im „normalen, durchschnittlichen Bereich“ liegen und jedenfalls im Hinblick auf diesen Bemessungsfaktor keine Abweichung nach unten oder oben von dem ansonsten als angemessen empfundenen Streitwert gerechtfertigt ist. Zwar gibt es keine „offiziellen“ Regelstreitwerte in Wettbewerbsstreitigkeiten. Legt man nun aber die vorbeschriebene Auffassung der vorliegenden Fallgestaltung zu Grunde (bei welcher ein zumindest nicht unerhebliches Interesse des Klägers an der Untersagung einer diesbezüglichen wettbewerbswidrigen Handlung zu erkennen war), so läge demnach zumindest im OLG-Bezirk Celle ein „normaler“ Streitwert in Wettbewerbsverfahren im Zuge eines einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht ohne Weiteres unter (oder auch über) 10.000 €.
(Der Streitwert in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ohne Auffälligkeit entspricht in der Regel etwa 1/3 bis 2/3 des Streitwertes der Hauptsache)
Quelle: OLG Celle online