Aus gegebenem Anlass möchten wir im Zusammenhang mit den abzuleitenden Rechten und Pflichten aus SEO-Vereinbarungen, wie sie heute immer häufiger von Agenturen angeboten werden, auf eine ebenso häufige Missdeutung der jüngeren Rechtsprechung hinweisen: So ist selbst von Kollegenseite in diversen Blogs und Veröffentlichungen zu lesen, man könnte insbesondere aus einer Entscheidung des Landgerichtes Amberg ( Urt. v. 22.08.12, 14 O 417/12 – „Backlinks“) „ableiten“, dass nunmehr „SEO-Verträge“ rechtlich ganz grundsätzlich oder zumindest überwiegend als Werkverträge einzuordnen wären – woran sich die dringende Empfehlung anschließt, nun (vorzugsweise durch Beauftragung des Anwalts) die Agentur-AGB auf das entsprechende Gewährleistungsrecht „umzustellen“.
Kautelarjuristischen Handlungsbedarf bei den Agentur-AGB gibt es erfahrungsgemäß allenthalben, aber mit der unbesehenen „Umstellung“ ohnehin defizitärer AGB auf Werkvertragsrecht mag man vielleicht noch Zurückhaltung üben:
Die rechtliche Qualifikation eines SEO-Vertrages hängt – speziell bei „modernen“ Vertragstypen – immer von der Bestimmung bzw. Gewichtung der einzelnen Leistungen ab. Entgegen dem weit verbreiteten „Flur“-Netzfunk ist ein SEO-Vertrag dann aber nach hiesiger Einschätzung nicht grundsätzlich pauschal als „Werkvertrag“ oder als „Dienstleistung“ einzuordnen. Die Zuordnung der konkreten vertraglichen Leistungen zu einem bestimmten gesetzlichen Leitbild (insbesondere beim Typenkombinationsvertrag) hängt immer von der konkreten Art der jeweiligen SEO-Maßnahme ab; der Begriff „SEO“ (Search Engine Optimization, OnPage und OffPage) ist letztlich ein völlig unbestimmter, es dient – ebenso wie SEM (Search Engine Marketing) oder SEA (Search Engine Advertising) – der oberbegrifflichen Beschreibung ganz unterschiedlicher, ggf. formatsabhängiger Leistungen im Einzelfall. Selbst Fachkreise haben unterschiedliche Vorstellungen über diese Leistungen und bieten – je nach Ausrichtung, Professionalität und technischen Möglichkeiten – unterschiedliche Produkte hierzu an: Von der Beratung über die „Pflege“ einer Kampagne bis zur „Erstellung“ von geeigneten Analyse-, Reaktions- und Konversionsmodulen: Eine schematische Kategorisierung und Subsumtion unter einem einzigen schuldrechtlichen Institut anhand eines derart uneinheitlich verstandenen Begriffes geht völlig fehl.
Liest man die vorzitierte Entscheidung des Landgericht Amberg, so erfährt man, dass es dort um eine besondere Konstellation, einen sog. „Linkbuilding“-Vertrag ging, wonach sich die Agentur verpflichtet hatte, „über den Zeitraum von drei Monaten hinweg 684 Backlinks zu einem monatlichen Entgelt von 177,00 € zu setzen“. Dass diese geschuldete Leistung der Beklagten demnach als ein Erfolg und nicht als „ernstliches Bemühen“ zu qualifizieren war, ist aus fachlicher Sicht selbstverständlich und muss zu keinem Augenreiben in der SEO-Branche führen. Es gibt da also keinen Paradigmen-Wechsel in der Rechtsprechung, wie offenbar immer noch gelegentlich kolportiert wird.
Mal unabhängig davon, dass sich professionelle SEO-Anbieter deutlich dagegen verwahren würden, dass derlei reines „Linkbuilding“ überhaupt noch als ernstzunehmende „SEO-Maßnahme“ abzurechnen wäre, sind heute handwerklich gut gemachte SEO-Verträge und -AGB in Leistungspaketen ausdifferenziert, die in der Regel einen exakten Wirkungs-„Erfolg“ (also z. B. im Sinne eines Pageranks oder einer bestimmten medialen Reichweite) gerade nicht mitbeinhalten bzw. seriöser Weise gar nicht mitbeinhalten könnten, da derlei von einer ganzen Reihe weiterer nicht beeinflussbarer Umstände abhängen. Mit anderen Worten: Ein guter SEO-Vertrag mag – je nach dem – weiterhin auch an einer Dienstleistung ansetzen oder beschreibt eine Werkleistung als „Erfolg“ im Sinne der funktionalen Umsetzung von geeigneten „Modulen“, welche dann ihrerseits Voraussetzungen für ein bestimmtes, gewünschtes Ergebnis sein können.