+49 711 46 05 12 06-0 info@consocias.com

Ein nunmehr veröffentlichtes Urteil des OLG Düsseldorf (Urt. v. 03.09.2015, Az.: I-15 U 119/14) gibt Anlass, auf zwei praxisrelevante Aspekte dieser Entscheidung hinzuweisen.

[dropshadowbox align=“none“ effect=“raised“ width=“px“ height=““ background_color=““ border_width=“1″ border_color=“#dddddd“ rounded_corners=“false“ ]

  1. Bei Abgabe einer modifizierten strafbewehrten Unterlassungserklärung im Zuge einer Abmahnung, d. h. bei einer auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages gerichteten Unterwerfungserklärung, ist in der Regel davon auszugehen, dass der Schuldner sein Angebot unbefristet abgegeben hat – mit der Folge, dass es vom Gläubiger jederzeit angenommen werden kann, auch erst (konkludent) Monate später durch das Einfordern einer Vertragsstrafe.
  1. Ist Gegenstand der strafbewehrten Unterlassungspflicht die Meidung der erfolgten Verwendung eines bestimmten werbenden Begriffes im geschäftlichen Verkehr, so ist im Zweifel der Unterlassungsgläubiger auch verpflichtet, die Suchmaschine (Google) zur Löschung der streitgegenständlichen Einträge auch aus dem Cache aufzufordern.

[/dropshadowbox]

Zum Hintergrund:

Geklagt hatte ein eingetragener Verein, welcher den Inhaber eines Einzelhandelsgeschäftes für Kraftfahrzeuge, Zubehör sowie Kfz-Vermittlung auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch nahm. Zuvor hatte der Beklagte nach einer erfolgten Abmahnung am 05.01.2012 eine von ihm gegenüber der ursprünglich geforderten Erklärung umformulierte, indes strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, mit der er sich verpflichtete, es zu unterlassen, „im geschäftlichen Verkehr mit dem Hinweis ‚TÜV-Sondereintragung’ oder einer inhaltsgleichen Bezeichnung zu werben, soweit diese Leistung nicht zulässigerweise angeboten wird.“

Zwischen den Parteien war streitig, ob dieses modifizierte Angebot im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB kurz darauf mittels eines Anwaltsschriftsatzes vom 11.01.2012 angenommen wurde bzw. ob diese Annahme dem Beklagten zuging. Die Klägerin hatte jedenfalls unstreitig in einem Schreiben vom 11.02.2013 (!) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 05.01.2012 die Zahlung einer Vertragsstrafe gefordert: Die Klägerin hatte insoweit erstinstanzlich (unter anderem) vorgetragen, es sei bei Internetrecherchen mittels der Suchmaschine Google zeitlich nach der Annahme der modifiziert strafbewehrten Unterlassungserklärung (und auch noch im Jahr 2015) im Zusammenhang mit dem Unternehmen des Beklagten im Suchergebnis auf „TÜV-Sondereintragungen“ hingewiesen worden.

Das Landgericht Düsseldorf hatte erstinstanzlich der Klage stattgegeben und eine Vertragsstrafe als verwirkt angesehen. Die hierauf vor dem OLG angestrengte Berufung blieb ohne Erfolg.

Zu den Gründen:

Eine vermutete Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich nur durch eine uneingeschränkte, bedingungslose, unwiderrufliche und eine angemessene Vertragsstrafe versprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung beseitigt werden (unter Hinweis auf BGH GRUR 2008, 815 – Buchführungsbüro; BGH GRUR 1993, 677 – Bedingte Unterwerfung; BGH GRUR 1983, 127 – Vertragsstrafeversprechen). Nach Auffassung des Senats enthielt die Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten vom 05.01.2012 in Ansehung des modifizierenden Zusatzes „soweit diese Leistung nicht zulässigerweise angeboten wird“ jedoch (nur) eine unschädliche, der materiellen Rechtslage entsprechende Bedingung (unter Hinweis auf BGH GRUR 2008, 815 – Buchführungsbüro). Derlei würde der Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht ihre Ernsthaftigkeit nehmen.

Auf die umstrittene Frage, ob denn das modifizierte Vertragsstrafenangebot bereits mit einem Schreiben vom 11.01.2012 angenommen wurde, käme es dann nicht an. Denn die Annahme des Angebots erfolgte mit der Zahlungsaufforderung im Hinblick auf die verwirkte Vertragsstrafe: Dadurch habe, so der Senat, die Klägerin ihren Annahmewillen konkludent in eindeutiger Weise bekundet. Dies erfolgte auch fristgerecht, obgleich zwischen der Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten vom 05.01.2012 und dem Schreiben vom 11.02.2013 ein Zeitraum von ca. 13 Monaten lag:

Ein Vertragsangebot könne zwar nach § 147 Abs. 2 BGB grundsätzlich nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Der maßgebliche Zeitraum beginne auch nicht erst mit dem Zugang des Angebots beim Empfänger, sondern bereits mit Abgabe der Erklärung. Bei einer auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages gerichteten Unterwerfungserklärung sei aber in der Regel davon auszugehen, dass der Schuldner sein Angebot unbefristet abgegeben hat, mit der Folge, dass es vom Gläubiger jederzeit angenommen werden kann (unter Hinweis auf BGH GRUR 2010, 355 – „Testfundstelle“).

Auch eine vom Schuldner abgegebene einseitige strafbewehrte Unterlassungserklärung würde nun, wenn sie ernsthaft ist und auch inhaltlich den an eine solche Erklärung zu stellenden Anforderungen entspricht (siehe oben), die Wiederholungsgefahr unabhängig von einer Annahmeerklärung des Gläubigers und daher gegebenenfalls auch schon vor einer solchen entfallen lassen (was freilich dann im Interesse des Schuldners ist). Ansprüche aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung auf Zahlung der Vertragsstrafe könne der Gläubiger dann zwar grundsätzlich allein für ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses begangene Verstöße geltend machen. Da der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe einen Vertragsschluss zwischen Gläubiger und Schuldner aber voraussetzt, hat der Gläubiger ein auch für den Schuldner erkennbares Interesse daran, dass das auf Abschluss eines Unterlassungsvertrags gerichtete Angebot unbedingt und unbefristet erfolgt. Es muss auch noch nach der üblichen Annahmefrist bindend sein, damit der Gläubiger es jederzeit annehmen und die Vertragsstrafenverpflichtung begründen kann. Denn nur dann ist die erforderliche Abschreckungswirkung gegeben, die den Wegfall der Wiederholungsgefahr schon mit Zugang der strafbewehrten Unterlassungserklärung rechtfertigt.

Nach § 339 S. 2 BGB wurde also die Vertragsstrafe mit der Zuwiderhandlung verwirkt, wobei die Parteien freilich im Rahmen der Vertragsfreiheit im Einzelnen regeln könnten, unter welchen Voraussetzungen die Vertragsstrafe verwirkt sein soll (BGH, GRUR 2001, 758, 759 – Trainingsvertrag). Es gelten hier die allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB. In der Regel ist eine Vertragsstrafe für jeden Fall der (schuldhaften) Zuwiderhandlung zu zahlen (unter Hinweis auf BGH GRUR 2001, 758, 759 – Trainingsvertrag) wobei regelmäßig nur solche Zuwiderhandlungen einen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe auslösen, die ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses begangen wurden (BGH GRUR 2006, 878 – Vertragsstrafevereinbarung; BGH GRUR 1993, 34 – Bedienungsanweisung).

Da vorliegend für die Vereinbarung einer Rückwirkung keine Anhaltspunkte vorlagen, hat daher der Senat nur das Auffinden des Hinweises „TÜV-Sondereintragungen“ bei der Internetrecherche mit der Suchmaschine Google zeitlich nach Vertragsschluss als relevant erachtet, wobei im Hinblick auf die noch im Jahr 2015 dokumentierten Hinweise es dahingestellt sein konnte, ob es mit Annahmeschreiben vom 11.01.2012 oder erst mit Zugang des Schreibens vom 11.02.2013 zum Vertragsschluss gekommen war, denn jedenfalls Letzteres war unstreitig.

Da die Treffer der Recherche mit der Suchmaschine Google sowohl den Namen des Beklagten, seinen Standort als auch die von ihm angebotenen Dienstleistungen angeben, dienen sie fraglos der Förderung des Dienstleistungsabsatzes. Nach Auffassung des Senats war der Beklagte aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 05.01.2012 dann auch verpflichtet, die Suchmaschine Google zur Löschung der streitgegenständlichen Einträge, auch aus dem Cache, aufzufordern. Denn die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen würde, sei mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst (unter Hinweis BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies). Hat daher eine Verletzungshandlung einen andauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen, besteht neben dem Unterlassungsanspruch ein diesbezüglicher Beseitigungsanspruch, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie allein die Verpflichtung zur Unterlassung zukünftiger Verletzungshandlungen erfassen soll (unter Hinweis auf BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; siehe auch bereits BGH GRUR 1977, 814 – Gebäudefassade).

So lag nach Auffassung des Senats der vorliegende Fall. Auch aus dem Umstand, dass das Vertragsstrafenversprechen sich nur auf „zukünftige“ Zuwiderhandlungen beziehe, also solche, die nach Zustandekommen der Vereinbarung liegen, ergäbe sich nach der Auffassung des Senats keine andere Bewertung: Denn auch eine fortdauernde Beeinträchtigung stelle eine „zukünftige Zuwiderhandlung“ dar. Die Unterlassungsverpflichtung umfasse demnach die Pflicht des Beklagten, im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren beim Betreiber der Suchmaschine Google auf eine Löschung des streitgegenständlichen Eintrages hinzuwirken, wobei sich diese Verpflichtung auch auf die Entfernung aus dem Cache erstreckt. Da Google unstreitig ein Webmaster-Tool bereit hält, über das die Löschung im Cache gespeicherter veralteter oder gelöschter Informationen beantragt und damit ihre Anzeige verhindert werden könne, war es dem Beklagten nach Auffassung des Senates auch zwanglos möglich und zumutbar, die Entfernung des streitgegenständlichen Hinweises aus dem Cache zu beantragen.

Nach Auffassung des Senates hat der Beklagte somit in anspruchsbegründender Weise schuldhaft gegen diese Pflicht verstoßen, da er (unterstreitig) Google nicht einmal aufgefordert habe, den streitgegenständlichen Eintrag zu löschen.

 

Quelle: Rechtssprechungsdatenbank NRW