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Nach einer neueren Entscheidung des Hanseatisches Oberlandesgerichts (OLG Hamburg, Beschl. v. 16.06.2016 – Az.: 5 W 36/16) muss derjenige, der im Internet „gebrauchte“ Software zum Erwerb anbietet, über die Rechte zur bestimmungsgemäßen Nutzung der Anwendung informieren.

Dem von einem Wettbewerber angestrengten einstweiligen Verfügungsverfahren, in welchem die Entscheidung in der Berufungsinstanz erging, lag ein Angebot der Antragsgegnerin auf rakuten.de zugrunde, wonach zu einem Preis von 9,99 EUR gebrauchte Software (d. h. Produktschlüssel) mit lediglich folgender Beschreibung Erwerb stand:

„Windows 7 Home Premium 32/64 Bit inkl. kostenloses Upgrade -> Windows 10 Home (ESD-Lizenz)“.

Nach Auffassung des erkennenden Senats benötigt der Verbraucher aber insbesondere Informationen darüber, in welcher Art die Lizenz ursprünglich eingeräumt und ob bereits dem Ersterwerber eine verkörperte Kopie bereit gestellt wurde. Denn das im Angebot der Antragsgegnerin versprochene Recht zum Download und zur bestimmungsgemäßen Nutzung des angebotenen „gebrauchten“ Computerprogramms sei nur an einem erschöpften Vervielfältigungsstück im Sinne des § 69c Nr. 3 S. 2 UrhG möglich. Eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts ist allerdings insbesondere nur dann anzunehmen, wenn der Weiterverkäufer selbst keine Kopie des Computerprogramms zurückbehält, d.h. er dem Erwerber des Vervielfältigungsstücks vorhandene Kopien aushändigt oder diese unbrauchbar macht (unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 3.7.2012 – C-128/11, GRUR 2012, 904 Rn. 72 – UsedSoft/Oracle; BGH, Urteil vom 11.12.2014 – I ZR 8/13, GRUR2015, 772 (775) Rn. 27 – UsedSoft III; BGH Urteil vom 19.3.2015 – I ZR 4/14). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestünde demgemäß „die ernstliche Gefahr einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts des Rechtsinhabers an einem Computerprogramm, wenn der Nacherwerber nicht hinreichend darüber informiert werde, wie die Rechte zur bestimmungsgemäßen Benutzung des Programms ausgestaltet seien“ (unter Hinweis auf BGH a.a.O. Rn. 64 – UsedSoft III ; BGH, GRUR 2014, 264 Rn. 68 – UsedSoft II).

Da nun gerade bei Werbebehauptungen dem außerhalb des Geschehensablaufs stehenden Verbraucher oft eine genaue Kenntnis der entscheidenden Tatumstände fehle, sei es diesem nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären, während der Anbietende vorliegend über diese Kenntnisse verfüge und die notwendige Aufklärung ohne Weiteres leisten könnte. Demgemäß sei das Angebot der Antragsgegnerin zur Übersendung eines bloßen Produktschlüssels, ohne dass der Verbraucher darüber informiert wird, wie seine Rechte zur bestimmungsgemäßen Nutzung ausgestaltet sind, wettbewerbsrechtlich unlauter: Die Antragsgegnerin würde dem Verbraucher in wettbewersbwidriger Weise eine wesentliche Information i.S.d. § 5 a Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2 UWG vorenthalten, die dieser aber benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.