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Nach einer neueren Entscheidung des EuGH ( Urt. v. 10.07.2014 – C-421/13) kann die Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte für Waren allein in der Form einer Zeichnung (ohne Größen- oder Proportionsangaben) grundsätzlich als Marke für Dienstleistungen eingetragen werden, welche sich auf diese Waren beziehen, soweit sie keinen integralen Bestandteil des Verkaufs dieser Waren selbst bilden. Eine solche Darstellung muss indes geeignet sein, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Zum Hintergrund:

Die Fa. Apple Inc. ließ im Jahr 2010 beim USPTO (dem Patent- und Markenamt der Vereinigten Staaten von Amerika) eine dreidimensionale Marke eintragen, die aus der Darstellung ihrer als „Flagship Stores“ bezeichneten Ladengeschäfte in der Form einer mehrfarbigen Zeichnung besteht:

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Diese Marke wurde für „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Computer, Computer-Software, Computer-Peripheriegeräte, Mobiltelefone, Unterhaltungselektronik und Zubehör und darauf bezogene Produktdemonstrationen“ eingetragen. Später hat Apple die internationale Registrierung dieser Marke unter anderem mit der Designation für Deutschland beantragt.

Im Jahr 2013 lehnte das Deutsche Patent- und Markenamt die Schutzerstreckung auf das deutsche Hoheitsgebiet mit der Begründung ab, dass die Abbildung der Verkaufsstätten der Waren eines Unternehmens nichts anderes sei als die Darstellung eines wesentlichen Aspekts der Handelsdienstleistungen dieses Unternehmens und dass der angesprochene Verkehrskreis daher eine solche Ausstattung nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren verstehen könne. Gegen diese Entscheidung legte Apple Beschwerde beim BPatG ein, welches im Wege eines sog. Vorabentscheidungsersuchens vom EuGH u.a. wissen wollte, ob die Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte allein in der Form einer Zeichnung ohne Größen- oder Proportionsangaben als Marke für Dienstleistungen eingetragen werden kann, durch die der Verbraucher zum Kauf der Waren des Anmelders veranlasst werden soll, und ob, falls dies zu bejahen ist, eine solche „Aufmachung, in der sich eine Dienstleistung verkörpert“, mit einer  „Aufmachung einer Ware“ gleichgesetzt werden kann.

Zu den Gründen:


Nach Auffassung des EuGH kann auch die Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte allein in der Form einer Zeichnung ohne Größen- oder Proportionsangaben als Marke für Dienstleistungen eingetragen werden, die in Leistungen bestehen, die sich auf Waren beziehen, aber keinen integralen Bestandteil des Verkaufs dieser Waren selbst bilden. Voraussetzung dafür ist, dass diese Darstellung geeignet ist, die Dienstleistungen des Anmelders von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, und der Eintragung kein Eintragungshindernis entgegensteht. Der Gegenstand der Anmeldung muss daher gem. der Richtlinie 2008/95/EG (Markenrichtlinie) drei Voraussetzungen erfüllen:

– er muss ein Zeichen sein,

– sich grafisch darstellen lassen und

– geeignet sein, „Waren“ oder „Dienstleistungen“ eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Aus dem Wortlaut von Art. 2 der Richtlinie 2008/95 geht nach Auffassung des EuGH eindeutig hervor, dass Abbildungen in die Kategorie der grafisch darstellbaren Zeichen fallen. Folglich könnte eine Darstellung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Ausstattung einer Verkaufsstätte mittels einer Gesamtheit aus Linien, Konturen und Formen abbildet, eine Marke sein, sofern sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Der EuGH vermochte es nicht auszuschließen, dass eine Darstellung wie die vorliegende, welche die Ausstattung einer Verkaufsstätte abbildet, es erlaubt, die betreffenden Waren oder Dienstleistungen als aus einem bestimmten Unternehmen stammend zu erkennen – etwa, wenn die abgebildete Ausstattung erheblich von der Branchennorm oder -üblichkeit abweicht. Die allgemeine Eignung eines Zeichens als Marke soll allerdings nicht bedeuten, dass dieses Zeichen zwangsläufig auch Unterscheidungskraft besitzt. Dies ist im Einzelfall anhand der von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen und anhand seiner Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen. Die zur konkreten Prüfung berufene nationale Behörde hat zu bestimmen, ob das Zeichen in Bezug auf die Merkmale der betreffenden Waren und Dienstleistungen beschreibend ist oder unter ein anderes der in der Richtlinie genannten Eintragungshindernisse fällt. Die Beurteilungskriterien, die von der zuständigen Behörde in Bezug auf Zeichen anzulegen sind, die aus einer zeichnerischen Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte bestehen, sind i.Ü. dann keine anderen als die, die für andere Arten von Zeichen verwendet werden.

Für die dem Vorabentscheidungsersuchen zugrundeliegende Fallgestaltung befand der EuGH, dass ein Zeichen, das die Ausstattung von Flagship Stores eines Herstellers von Waren darstellt, rechtsgültig nicht nur für diese Waren eingetragen werden kann, sondern auch für Dienstleistungen, sofern diese Leistungen nicht ein integraler Bestandteil des Verkaufs dieser Waren sind und dem keines der in der Richtlinie genannten Eintragungshindernisse entgegensteht. Leistungen, wie die in der Anmeldung von Apple genannten, die etwa darin bestehen, in solchen Geschäften Vorführungen der dort ausgestellten Waren mittels Seminaren zu veranstalten, können demnach für sich genommen entgeltliche Leistungen darstellen, die unter den Begriff „Dienstleistungen“ fallen.

Quelle: EuGH PM Nr. 98 vom 10.7.2014