+49 711 46 05 12 06-0 info@consocias.com

Die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung immer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt.

In einer nunmehr veröffentlichten neueren Entscheidung (Urt. v. 05.03.2015 – I ZR 161/13) hat der BGH vor diesem Hintergrund deutlich gemacht, dass Zeichen, die aus denselben, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge angeordneten Buchstaben oder Silben gebildet sind (vorliegend: „IPS“ und „ISP“) in der Regel einen klanglich vermittelten ähnlichen Gesamteindruck erwecken, wenn sie bei einer Aussprache der Buchstaben oder Silben (hier: „i-pe-ess“ und „i-ess-pe“) dieselbe Vokalfolge (hier: „i-e-e“) aufweisen.

Zum Hintergrund:

Die Inhaberin einer im Juli 2008 eingetragenen deutschen Wortmarke „IPS“ (u.a. für Dienstleistungen wie Entwicklung von Computerhard- und -software ) ging gegen ein unter der Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ firmierendes polnisches Untermehmen vor, das seinerseits Software entwickelt und seine Produkte unter der Internetadresse „www.it-sp.pl“ in deutscher Sprache präsentierte. Dabei verwendete sie neben der Bezeichnung „ISP Polska sp. z o.o.“ ein farbiges Logo, das aus drei grünen, sich teilweise überlagernden Kreisen besteht, in denen in weißer Schrift die Buchstaben „I“, „S“ und „P“ angeordnet waren.

Hierin erkannte die Markeninhaberin eine Verletzung ihrer Rechte und klagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung. Dies blieb vor dem Landgericht und sukzessive dem Oberlandesgericht erfolglos; auf die daraufhin angestrengte Revison der Klägerin hob der BGH den (nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergangenen) Zurückweisungsbeschluss des OLG auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Zu den Gründen:

Der BGH war der Auffassung, dass jedenfalls mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung eine Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen der Marke „IPS“ der Klägerin einerseits und den Kennzeichnungen „ISP Polska sp. z o.o.“ und „ISP“ der Beklagten andererseits nicht verneint werden könne.

Ausgehend von den eingangs beschriebenen Grundsätzen falle im Rahmen der Gesamtwürdigung die aus der Vertauschung der Konsonanten folgende klangliche Abweichung wegen der Kürze der sich gegenüberstehenden Zeichen „IPS“ und „ISP“ nicht besonders ins Gewicht. Denn zwar komme klanglichen Unterschieden bei einsilbigen Wörtern regelmäßig keine geringe Bedeutung zu. Dieser Erfahrungssatz sei jedoch im entschiedenen Fall nicht anwendbar, weil es sich bei den hier in Rede stehenden Zeichen gerade nicht um einsilbige Wörter handelte.

Zeichen, die aus denselben, jedoch in unterschiedlicher Reihenfolge angeordneten Buchstaben oder Silben gebildet sind (hier: „IPS“ und „ISP“), erwecken regelmäßig einen klanglich ähnlichen Gesamteindruck, wenn sie bei einer Aussprache der Buchstaben oder Silben (hier: „i-pe-ess“ und „i-ess-pe“) dieselbe Vokalfolge (hier: „i-e-e“) aufweisen. Infolgedessen konnte im vorliegenden Fall eine klangliche Ähnlichkeit der Zeichen nicht verneint werden.

Das OLG habe überdies zur (schrift-)bildlichen Ähnlichkeit der Wortmarke „IPS“ und des Wort-Bild-Zeichens „ISP“ keine weiteren Feststellungen getroffen, was ich im Hinblick auf die aber notwendige Bestimmung des Grad der Zeichenähnlichkeit insgesamt ebenfalls als rechtsfehlerhaft erweise: Denn die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit sowohl im Klang also auch im (Schrift-)Bild oder in der Bedeutung zu beurteilen, weil Marken eben auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Die Sache war daher nicht entscheidungsreif und demgemäß zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Vorinstanzen:

LG Bochum, Entscheidung vom 19.12.2012 – I-13 O 186/12 –

OLG Hamm, Entscheidung vom 15.07.2013 – I-22 U 21/13 –

Quelle: BGH online