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Nach einer bereits im Februar diesen Jahres ergangenen Entscheidung des BGH (Urt. v. 20.02.2013 I ZR 172/11) kann eine Verletzung einer bekannten Marke i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV dann vorliegen, wenn der Werbende Nachahmungen von Waren des Inhabers dieser Marke anbietet oder die mit der bekannten Marke versehenen Waren in einem negativen Licht darstellt. Wird dagegen lediglich eine Alternative vorgeschlagen, ohne Funktionen der Marke zu beeinträchtigen, ist davon auszugehen, dass eine solche Benutzung grundsätzlich nicht „ohne rechtfertigenden Grund“ i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV erfolgt.

Dabei war die Frage der Bekanntheit der Marke der Klägerin entscheidungserheblich: Nach der Verkündung des Berufungsurteils der Vorinstanz hatte der EuGH zur Verwendung bekannter Marken als Schlüsselwort einer Adwords-Werbung Stellung genommen. Danach kann eine identische Verwendung einer bekannten Marke für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, eine Markenverletzung gem. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV darstellen. Dies setzt voraus, dass die Gemeinschaftsmarke bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Gemeinschaftsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Werbender durch die Auswahl eines mit einer fremden Marke identischen Zeichens als Schlüsselwort darauf abzielt, dass die Internetnutzer, die dieses Wort als Suchbegriff eingeben, nicht nur auf die vom Inhaber dieser Marke herrührenden angezeigten Links klicken, sondern auch auf den Werbelink des Werbenden. Außerdem werden eine bekannte Marke oder der Wortbestandteil einer bekannten Marke häufiger von Internetnutzern als Suchwort eingegeben, um im Internet Informationen oder Angebote über Waren oder Dienstleistungen dieser Marke zu finden. Unter diesen Umständen dient die Auswahl einer bekannten Marke im Rahmen einer Suchmaschine als Schlüsselwort durch einen Mitbewerber des Markeninhabers dazu, die Unterscheidungskraft und Wertschätzung dieser Marke auszunutzen.

Sofern kein „rechtfertigender Grund“ i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV vorliegt, kann eine solche Auswahl als eine Benutzung zu beurteilen sein, bei der sich der Werbende in den Bereich der „Sogwirkung“ einer bekannten Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen. Ist dies der Fall, ist diese Ausnutzung durch den Dritten als unlauter anzusehen. Dies kann insbes. für Fälle anzunehmen sein, in denen Werbende im Internet mittels Benutzung von Schlüsselwörtern, die bekannten Marken entsprechen, Nachahmungen von Waren des Inhabers dieser Marken anbieten oder die mit der bekannten Marke versehenen Waren in einem negativen Licht darstellen.

Wenn dagegen im Internet anhand eines Schlüsselwortes, das einer bekannten Marke entspricht, eine Werbung gezeigt wird, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne i.Ü. die Funktionen dieser Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen des Inhabers der bekannten Marke vorgeschlagen wird, ist davon auszugehen, dass eine solche Benutzung grundsätzlich unter einen gesunden und lauteren Wettbewerb im Bereich der fraglichen Waren oder Dienstleistungen fällt und damit nicht „ohne rechtfertigenden Grund“ i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV erfolgt.

Nach Überzeugung des BGH konnte im zu entscheidenden Fall („Beate Uhse“) nicht ausgeschlossen werden, dass auf der Grundlage des von der Revision als übergangen gerügten Vorbringens der Klägerin zur Bekanntheit der Marke im Streitfall eine Markenverletzung gem. Art. 9 Abs. 1 Buchst. c GMV vorliegt.

BGH hob daher das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Vorinstanzen:
LG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 03.11.2010 – 2-6 O 318/10 –
OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 28.07.2011 – 6 U 272/10 –

Quelle: BGH online