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Ende des vergangenen Jahres hatten wir darüber berichtet, dass das Landgericht Hamburg im Zuge eines einstweiligen Verfügungsverfahrens (LG Hamburg, Beschl. v. 18.11.2016 – AZ.: 310 O 402/16) und in vermeintlicher Umsetzung der strengen Vorgaben des EuGH die Auffassung vertrat, dass derjenige, der auf urheberrechtswidrige Inhalte von Webseiten Dritter einen Link setzt und in Gewinnerzielungsabsicht handelt, für die dort begangenen Rechtsverstöße haftet – unabhängig vom Nachweis der positiven Kenntnis bzw. den tatsächlichen Möglichkeiten der Kenntnisverschaffung über die Rechtsverletzung auf den verlinkten Zielseiten. Es bestünde dann die „widerlegliche Vermutung einer Kenntnis der fehlenden Erlaubnis“ – wobei die „Widerlegung“ natürlich in der Praxis den Linksetzenden vor gewisse prozessuale Schwierigkeiten gestellt haben dürfte.

Dieselbe Kammer ist nun von dieser Rechtsauffassung in einer weiteren Entscheidung (Urteil v. 13.06.2017 – Az.: 310 O 117/17) aber zumindest insofern wieder abgerückt, als die Frage der „Zumutbarkeit“ als (notwendiges) Korrelat nun doch eine Rolle spielen soll:

Zwar sei für die erkennende Kammer (unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 26. April 2017 – C-527/15) immer noch zu berücksichtigen, dass derjenige Linksetzer, der keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, regelmäßig „vernünftigerweise nicht wissen kann, dass dieses Werk im Internet ohne Erlaubnis der Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurde“. Allerdings müsse es umgekehrt dem

„mit Gewinnerzielungsabsicht handelnden Linksetzenden möglich sein, sich darauf berufen zu können, dass die Linksetzung im Rahmen eines solchen Geschäftsmodells erfolgte, in welchem ihm Nachforschungen, die zur Kenntnis von der Unrechtsmäßigkeit der verlinkten Inhalte geführt hätten, nicht zumutbar waren“.

Sofern sich aus dem Beschluss der erkennenden Kammer vom 18.11.2016 (siehe oben) ein strengerer Haftungsmaßstab ergeben sollte, hielte die Kammer an dieser Auffassung nicht mehr fest. D. h. es soll nun also auch nach Auffassung der Kammer keine letztlich (faktisch) unwiderlegbare „Fiktion“ der positiven Kenntnis bei Vorliegen eines gewerbliches Angebot gelten (zumal die Kammer offenbar weiterhin von einem weiten Verständnis eines solchen „gewerblichen Angebotes“ ausgeht).

In dem entschiedenen Fall war nun zwischen den Parteien durchaus unstreitig, dass der Linksetzer keine positive Kenntnis von der Rechtwidrigkeit der verlinkten Wiedergabe hatte; und „auf Grundlage des Sach- und Streitstands“ war auch davon auszugehen, dass dem Verfügungsbeklagten eine Recherche zur Rechtsmäßigkeit der Wiedergabe des Verletzungsmusters (auf Amazon) nicht zumutbar war – dabei stellte die Kammer (nota bene!) nicht zuletzt darauf ab, dass „flächendeckende Rechterecherchen wegen der damit verbunden Kosten das Geschäftsmodell ersichtlich hätten unrentabel werden lassen“.

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Bestehen demnach keine konkreten Umstände im Einzelfall oder sonstige im Geschäftsmodell des Verfügungsbeklagten grundsätzlich angelegten Umstände, die generelle oder individuelle Recherchen zur Rechtmäßigkeit der verlinkten Inhalte als ihm zumutbar erscheinen lassen, so ist „bei wirtschaftlicher Betrachtung“ eine flächendeckende Vorabrecherchen zur Rechtmäßigkeit von Wiedergaben (hier: auf Amazon) nicht zu fordern.

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