Das Landgericht Mühlhausen (und wer hätte gedacht, dass es da ein Landgericht gibt) hat in einer Entscheidung Ende des vergangenen Jahres (Beschluss bereits vom 13.12.2012 – Az. 2 T 222/12, 2 M 559/12) festgestellt, das zwar die Ansprüche des Domain-Inhabers aus dem Vertrag zwischen dem Vollstreckungsschuldner und der Vergabestelle als Drittschuldnerin (hier die DENIC eG) grundsätzlich pfändbar sind: Die Inhaberschaft an einer Domain gründe sich auf die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustünden; diese Ansprüche seien Gegenstand der Pfändung gemäß § 857 Abs. 1 ZPO (so freilich die längst verfestigte Rechtsprechung, siehe schon LG Essen Beschluss vom 22.09.1999, Az. 11 T 370/99).
Die Besonderheit im entschiedenen Fall war aber, dass unter der Domain ein Online-Shop betrieben wurde, welcher dem Domaininhaber zum alleinigen Lebensunterhalt diente. Das Landgericht gab vor diesem Hintergrund der gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts eingelegten Vollstreckungserinnerung statt: Unpfändbar sein sollen demnach Domains zumindest gegenüber Erwerbstätigen (als Domaininhaber), die im fraglichen Unternehmen selbst tätig sind und von diesem Einkommen leben bzw. auch (neben Grundsicherungsleistungen) leben müssen. Die (analoge) Anwendung des § 811 Abs. Absatz 1 Ziff. 5 ZPO auf eine Domain ist nach Auffassung des Landgerichts Mühlhausen zulässig, auch wenn es sich dabei nicht um eine Sache handelt. Der Schuldner müsse sich auch nicht etwa im Wege der Austauschpfändung auf eine Ersatz-Domain verweisen lassen, und zwar unabhängig davon, ob sich die Domain bereits im Markt durchgesetzt habe oder nicht: Denn der Schuldner verliere zunächst den aktiven Kundenstamm und müsse daran arbeiten, die „neue“ Domain in den Markt einzuführen. Der „Austausch“ der Domain (wobei ohnehin unklar ist, auf welchem Wege dieser hätte stattfinden sollen) führe quasi zum Ausscheiden aus dem Markt.
Immerhin konzedierte das Landgericht, dass etwas anderes dann gelten würde, wenn die Domain lediglich der „Selbstdarstellung“ dient, also überhaupt keinen wirtschaftlichen Bezug hat. Ob dies aber nun ein taugliches Kriterium zur Abgrenzung darstellt, darf bezweifelt werden; denn eine wirtschaftliche Abhängigkeit von der Außenkommunikation über eine bestimmte, etablierte und ggf. unter Google optimierte Domain kann auch bei Internetpräsenzen bestehen, die sich nicht dem Fernabsatz widmen – sondern eben tatsächlich nur der „Selbstdarstellung“ widmen, um Kunden oder Klienten zu akquirieren.
Zu diesen Fragen ist nun in der Tat eine höchstrichterliche Entscheidung noch nicht ersichtlich und ganz wohl scheint es der erkennende Kammer in Mühlhausen bei ihrer Entscheidung selbst nicht gewesen zu sein: Die Rechtsbeschwerde wurde ausdrücklich zugelassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO vorlägen. Ob diese wahrgenommen wurde, ist hier noch unklar – in Anbetracht der praktischen Relevanz der Frage wäre eine höchstrichterliche Klärung bestimmt wünschenswert.